Abschied

11.12.2015 17:31

 

Es ist ruhiger geworden. Mittlerweile haben wir unsere Examen in Spanisch abgeschlossen. Ich nahm an einer schriftlichen und einer mündlichen Klausur teil- beides lief sehr gut. Lisa nahm an einer schriftlichen und zwei mündlichen Klausuren teil. Die zusätzliche mündliche Klausur kam durch ihren Kulturkurs zustande, der neben ihrem eigentlichen Kurs lief. Auch bei ihr lief es natürlich super. Nach den Klausuren war auch der Spanischkurs in diesem Semester beendet. Auch mit Viticultura war Ende November Schluss und wir nahmen die letzten zwei Wochen nur noch an dem Abfallmodul teil. Die letzte Vorlesung fand in diesem Modul am 10.12 mit einem Multiple Choice-Examen statt. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten wir auch wieder eine Abschlussarbeit über Batterien in Deutschland schreiben. Wir sollten beleuchten, wo, wieviel und was für Batteriemüll anfällt, wie sie wiederverwertet werden können und wo bzw. wie sie letztendlich entsorgt werden. Ein komisches Thema und überhaupt nicht unser Fachgebiet. Aber da wir hier sind, um neue Erfahrungen zu bekommen und um Herausforderungen anzunehmen, schrieben wir fleißig eine Batterie-Hausarbeit. Wir hatten die perfekte Arbeitsteilung: Zunächst lasen wir beide etwas Literatur und beratschlagten den Inhalt und den Aufbau unserer Arbeit. Dann war ich für das Ausschreiben zuständig und Lisa für die Übersetzung ins Spanische. Es war ganz interessant, aber in der Hydrologie fühlen wir uns besser aufgehoben.


Am Freitag, den 27.11.2015, war ein Feiertag. An diesem Tag wollten meine Spanischlehrerinnen noch etwas Abschließendes mit uns machen. Schließlich war der Kurs nun vorbei und unsere Wege trennten sich wieder. Da wir nur vier aktive Teilnehmer am Kurs waren (zwei Franzosen, Julia unsere Mitbewohnerin und ich), ließ sich das ziemlich gut organisieren. Laura (eine der Lehrerinnen) sammelte Nachmittags alle mit ihrem Auto auf. Und wir fuhren- zu sechst - im Auto nach Chacras in den Süden Mendozas. Hier führten sie uns in einen Handwerkskunstladen und meine Augen glitzerten. Die ausgestellten Sachen waren alle so wunderschön und, wie in Mendoza üblich, auch unbezahlbar. Danach setzten wir uns in ein Cafe und tranken alle noch ein Glas Cola bzw. Orangensaft. Es war ein sehr schöner Nachmittag, denn wir waren nach dem Spanischkurs alle schon ein eingespieltes Team. Ich hoffe, dass ich meine beiden Lehrerinnen auch im nächsten Jahr noch einmal wiedersehe. Die Franzosen und Julia werden zu der Zeit wieder in ihren Heimatländern sein. Halb acht fuhren wir wieder ins Zentrum von Mendoza, weil ich mich um acht mit Lisa und ein paar Freunden treffen wollte. Da die Zeit sehr knapp bemessen war und Laura mich pünktlich um acht im Zentrum absetzen wollte, fuhr sie ziemlich schnell. Ich weiß nicht, wie es den anderen ging, aber mir war bei ihrem Fahrstil nicht sehr wohl. Irgendwann meinte ich, dass ich nicht sehr pünktlich sein muss, schließlich sind wir ja hier in Mendoza und wir treffen uns unter anderem mit Mendozinern. Danach fuhr sie wieder merklich ruhiger. Das erste Mal, dass ich meine Unpünktlichkeit in Kauf genommen habe. Als ich knappe 10 Minuten zu spät kam, war nach wie vor nur Lisa anzutreffen. Also warteten wir noch auf Fede, Enzo (der Mitbewohner von Fede), die Chile- Andrea´s und Talita (die Brasilianerin, die mit uns an dem Umweltplanungsmodul sowie am Abfallmodul teilgenommen hat).


Wir wollten zusammen auf den Cerro Arco. Den Berg, den wir schon einmal mit einer Chile-Andrea besucht haben. Diesmal aber im Dunkeln, denn es war Vollmond (bzw ein paar Tage vorher war Vollmond). Hier ist es üblich, dass sehr viele Mendoziner an den Wochenenden zu Zeiten des Vollmonds auf den Cerro Arco wandern. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen, denn wir wollten Mendoza bei Nacht von oben sehen. Und dadurch, dass an diesen Tagen sehr viele Leute dort im Dunkeln unterwegs sind, war dieser nächtliche Spaziergang etwas außerhalb Mendozas auch nicht sehr gefährlich. Nachdem wir eine halbe Stunde auf den Bus warten mussten, fuhr dieser uns an den Fuße des Bergkollektivs des Cerro Arco. Von dort ist es eine halbe Stunde Fußmarsch bis zum tatsächlichen Fuße des Cerro Arcos. Und ungefähr eine weitere Stunde bis zum Gipfel des Cerro Arcos (777 m Höhenunterschied). Diese Stunde schafft man jedoch nicht mit Talita und Andrea :D Während dem Aufstieg fielen Andrea und Talita immer weiter zurück und ich ließ mich mit den beiden zurückfallen. Die anderen sind ihr Tempo weitergegangen. Wir konnten uns ja nicht verlieren... es gab ja nur einen Weg nach oben. Talita und Andrea schob ich teilweise an, da sie kaum noch ein Fuß vor den anderen gekriegt haben. Talita erzählte uns dann, dass sie noch nie einen Berg bestiegen hat und meinte, dass es in Brasilien nicht solche großen Berge gäbe. Das möchte ich bis heute nicht glauben, denn der Cerro Arco ist mit 1600 m ja nur ein "Hügelchen". Und dann sind wir nichtmal bis ganz oben gegangen. Auf vielleicht 1400 m gibt es eine Art Zwischengipfel/Zwischenplattform. Hier trafen wir die anderen wieder, denn wir beschlossen unten, dass wir nur bis zu diesem Punkt gehen unter Rücksichtnahme von Andrea und Talita. Auch hier gingen wir aber noch in kleinen Grüppchen umher und machten Bilder. Dann kam es dazu, dass wir uns tatsächlich verlierten. Nachdem ich mit Talita und Andrea wieder von unserem Fotopunkt nach vorne kam, waren alle weg. Andrea meinte gleich, dass sie wieder abgestiegen sind und wir hintergehen müssen. Nachdem ich jeden Namen bestimmt fünf mal gerufen habe und keiner antwortete, gab es für mich nur die Möglichkeit, dass sie weiter aufgestiegen sind. Aber ohne uns Bescheid zu sagen und ohne auf uns zu warten? Das kam mir alles sehr Spanisch vor, denn Lisa handelt so eigentlich nicht. Aber was ich mir auf keinen Fall vorstellen konnte, war, dass sie abgestiegen sind ohne uns. So konnte ich Talita und Andrea überreden, genau an dem Ort auf sie zu warten, an dem wir sie verloren haben. Dafür brauchte ich sehr viel Überzeugungskraft und meine ganzen Spanischkentnisse. Schließlich ging ich davon aus, dass sie uns suchen würden und man fängt mit dem Suchen an der Stelle an, an der man sich verloren hat.


Nach einer dreiviertel Stunde erfroren mir die Mädels fast und ich wurde immer unsicherer, ob die anderen tatsächlich auf- und nicht abgestiegen sind. Jedenfalls gab ich dann auf und wir sind zu dritt abgestiegen. Am Fuße des Cerro Arcos trafen wir die anderen natürlich nicht und wir warteten dort aber nur noch gute 10 Minuten, bis wir wieder vereint waren. Lisa erzählte mir dann ihre Perspektive. Sie ging mit Fede auf der Plattform irgendwohin zum Fotos machen und als sie zurückkamen, waren wir nicht mehr da. Deshalb gingen alle davon aus, dass wir schon vorgelaufen und weiter aufgestiegen sind. Der Widerspruch war jedoch, dass Andrea und Talita vorher ausdrücklich sagten, dass sie keinen Meter mehr höher gehen werden. Jedenfalls entschloss sich die Gruppe um Lisa zum Aufstieg mit der Einstellung, wenn man ja schonmal da ist, muss man auch ganz hoch und dem Gedanken, dass wir ja vorgegangen sind. Oben suchten sie uns dann vergebens, sind irgendwann auch wieder abgestiegen und haben uns letzlich am Fuße des Cerro Arcos getroffen. Trotz dieser Grüppchenbildung war es ein wunderschöner Ausflug und ein wirklich toller Blick auf Mendoza bei Nacht. Da es mittlerweile ca 2:00 Uhr war, fuhren auch keine Busse mehr und das Stadtzentrum war weit entfernt. Wir gingen erstmal zurück zur Straße, um dann zu entscheiden, was wir machen. Wir dachten uns, dass dort schon Taxis fahren werden bzw wir uns Taxis bestellen können. An der Straße angekommen (mittlerweile 2:30) sahen und hörten wir eine Diskothek, zu der wir dann geradewegs hingingen. Wir wollten dort nach Taxis suchen. Leider sahen wir keine, aber direkt im nächsten Moment fuhr ein Kleinbus an uns vorbei und hielt, um ganz viele Partymädels aus dem Bus zu lassen. Hier braucht sich ja auch keiner vor zwei Uhr in der Disko blicken lassen. Jedenfalls ergriffen wir sofort die Chance und fragten den Busfahrer, ob er uns zurück ins Zentrum fahren könne. Er bot uns an, dass er uns für 50 Peso pro Person mit in die Stadt nimmt. Das ist jetz nicht gerade billig, aber auch kein Wucher. Taxis wären nicht billiger geworden. Für sieben Leute hätten wir zwei Taxis gebraucht- da kam uns der Kleinbus gerade recht. Als wir einstiegen, saßen noch zwei Mädels in dem Bus. Wir bezahlten unsere 350 Peso zusammen und dann konnte es losgehen. Der Fahrer startete den Motor und fuhr... er fuhr ganze fünf Meter über die Straße in Richtung Disko. Ganz nah an die in einer Schlange wartenden Diskobesucher heran. Wir guckten nicht schlecht, denn jetzt standen die verbliebenden zwei Mädels auf und stellten sich mit ihren High Heels mit in die Menschenschlange. Ich begreif das bis heute nicht, warum sie die fünf Meter, die offensichtlich alle anderen Mädels auch gehen konnten, nicht allein gehen konnten.


Apropos High Heels. Wir haben meiner Meinung noch gar nicht erwähnt, dass wir uns hier manchmal in die 90iger Jahre zurückversetzt fühlen. Das geht bei den Plateauschuhen los. 70% der Mädels bewegen sich hier nur mit Plateauschuhen. Die Schuhauswahl in den Geschäften sieht nicht anders aus. Es gibt sogar Plateau-Flip-Flops. Das kann man sich nicht vorstellen, wenn man es selber nicht gesehen hätte. Wo Plateauschuhe sind, sind natürlich auch die Blümchenleggins nicht weit. Da gibt es die ausgefallensten Varianten. Letztens haben wir auch eine Comic-Leggins gesehen- da war beispielsweise Spiderman auf dem Hintern. Bauchfreie Tops sind hier der absolute Trend. Ein beliebter Schmuck sind hier nach wie vor diese schwarzen dehnbaren Tattoo-Kettchen, die es als Halskette, Armband oder sogar Ring gab. Mit der passenden 90iger-Frisur ist das Outfit dann perfekt. Kennt ihr diese bunten Spielzeugspiralen noch? Diese Regenbogenspiralen, die man die Treppe herunterwandern lassen konnte. Ich habe sie geliebt... also in den 90igern. Die findet man hier überall in den Läden/Kiosken. Es gibt sogar ein Kirbyrestaurant. Kirby war mein erstes GameBoy-Spiel! Das war so das auffälligste bzgl. der Zeitverschiebung in die 90iger Jahre. Bestimmt lässt sich diese Sammlung noch erweitern.


Zurück zum Kleinbus vom Cerro Arco. Nachdem die Mädels mit ihren High Heels ausgestiegen sind, ließ uns der Fahrer in Godoy Cruz heraus. Da wir also schon in unserem Stadtteil und auch nur 15 Minuten Fußweg von unserem Haus entfernt waren, lohnte sich für uns ein weiteres Taxi nicht mehr und wir gingen gemütlich heim und schliefen mal so richtig aus. Das war übrigens der letzte Tag, an dem wir die eine Chile-Andrea gesehen haben. Aber richtig verabschieden konnten wir uns nicht, denn wir wussten nicht, dass es das letzte Mal war. Wir werden sie vermissen, denn sie ist uns in der kurzen Zeit doch schon sehr ans Herz gewachsen.

 
Am nächsten Tag (Samstag, 28.11.) haben wir alle zur Feuerzangenbowle/Glühwein eingeladen. Nachdem in Deutschland die Weihnachtszeit begann, wollten auch wir ein bisschen Weihnachtsstimmung einkehren lassen. Wir luden erstmal alle ein, ohne uns Gedanken zu machen, wie wir das überhaupt machen. Wir versuchten also, gedanklich die Feuerzangenbowle zu planen. Was bräuchten wir dafür?


- Wein (-> check)
- einen nicht rostendenden Topf (-> Fede bringt einen mit -> check)
- eine Metallkelle wegen dem Feuer (-> Andrea hat eine -> check)
- Orangen (-> check)
- Zimtstangen (-> finden wir bestimmt, schließlich hat Jéssica eine im Küchenschrank)
- Nelken (-> finden wir bestimmt, schließlich hat Jéssica welche im Küchenschrank)
- Zuckerhut (-> mhhhhh das könnte schon schwieriger werden)
- Rum mit mehr als 54% Alkoholgehalt (-> müssen wir mal gucken)


Wir merkten recht schnell, dass wir keine Feuerzangenbowle machen können. Wo wir mit dem fehlenden Zuckerhut noch improvieren könnten, war der fehlende Rum das Ausschlusskriterium. Wir fanden Rum nur bis zu einem Alkoholgehalt von 40%... das brennt doch nicht! Aber Glühwein wollten wir wenigstens noch realisieren und suchten in einem für uns neuen, aber größeren Supermarkt als bisher, nach Nelken und Zimtstangen. Dieser Supermarkt (Jumbo) wirkte von der Größe und dem Aufbau her wie ein deutscher Marktkauf. Aber Zimtstangen und Nelken fanden wir keine. Wir waren schon fast verzweifelt. Der Mitarbeiter konnte mit Nelken nichts anfangen. Letztendlich standen wir vor einem Regal, in dem uns deutsche Gewürze anlachten. Wir guckten uns das Regal genauer an und sahen, dass es ein internationales Regal war und wir direkt unter einer deutschen Flagge standen. Aber auch hier gab es weder Nelken, noch Zimtstangen. Und plötzlich sahen wir sie! GLÜHFIX-Teebeutel. Deutsche Teebeutel, um schnell Glühwein zu zaubern. Wir konnten unser Glück nicht fassen. Klar wäre selber machen ein wenig spektakulärer gewesen, aber wir konnten Glühwein machen.


Noch ein kleiner Supermarktexkurs:
Es gibt eine Billigcola, die billiger ist als Wasser! Diese Cola (2 l) ist sogar trinkbar und kostet 7 Peso. Die gleiche Menge an Wasser gibts nicht unter 10 Peso. Uns fällt auch immer wieder auf, dass Großpackungen hier teurer sind, als wenn man zwei Kleinpackungen kauft. Beispielsweise sind zwei Packungen 200g-Butter billiger als eine 400g-Butter. Oder gibt hier auch Eier zum Beispiel in 6er und 12er-Packungen. Zwei 6er-Packungen sind billiger als eine 12er-Packung. Und weiße Eier sind billiger als braune. Als wir uns fragten, wer denn dann bitte noch 12er-Packungen kauft, sahen wir in unserem Kühlschrank bei den Brasilianerinnen eine 12er-Eierpackung. Je größer die Eierpackungen werden, desto teurer werden die Einzelpreise eines Ei´s. Aber auch eine 30er-Eierpalette hatten unsere Brasilianerinnen schon einmal gekauft. Da fragten wir uns ehrlich gesagt, ob sie auch nur ansatzweise auf so etwas achten, denn eigentlich drehen sie immer jeden Peso um. Neulich kaufte ich zwei Nudelpackungen und nahm mir eine weitere gratis (Angebot: Drei zum Preis für zwei- so weit reichen meine Spanischkenntnisse schon). Die Frau vor mir an der Kasse kaufte aber nur zwei Nudelpackungen und verzichtete so auf die dritte kostenlose. Die Leute scheinen hier einfach keinen Blick für Preisersparnisse zu haben und deshalb kann man Großpackungen auch teurer machen als zwei kleine derelben Menge.


Am Abend machten wir also unseren Glühwein in Fedes Topf, weil unsere ja rosten. Orangen waren auch Bestandteil unseres Glühweins, den wir mit dem Glühfix-Teebeuteln ansetzten. Mit dabei waren Fede, Andrea und Ana. Kurzzeitig auch noch Julia und und ihre Tutorin von der Uni. So begeistert waren sie, glaube ich, allerdings nicht von heißem Wein (bei 30°C auch irgendwie unpassend^^). Fede fragte irgendwann, ob man die "sólidos" (Feststoffe) mittrinkt. Er sei es nicht gewohnt, dass da was in seinem Wein schwimmt. Lisa und ich stimmten englische Weihnachtslieder ein, aber keiner kannte diese und so sangen wir allein "Do they now its christmas time", "Santa Clause is coming to town", "Last Christmas" und Co. Irgendwann fing Fede an, Gitarre zu spielen - wahrscheinlich weil sie unsere entzückenden Gesänge nicht mehr hören konnten. Natürlich singt Fede sehr viel besser als wir und begleitet sich mit der Gitarre. Da mischten sich irgendwann unsere musikalischen Nachbarn ein, die sich zu diesem Zeitpunkt auch in ihrem Hinterhof zum Singen versammelt haben. Bis dann ein Kopf eines Nachbars über die Mauer guckte, die unsere Hinterhöfe trennt. Er schlug vor, dass wir uns alle gemeinsam vor das Haus auf die Wiese setzen und dort Musik machen. Da sagten wir natürlich nicht nein. Bisher waren wir ihren Gesängen nachts, wenn wir schlafen wollten, ausggesetzt. In dieser Nacht saßen wir aber dabei und es hat sehr viel Spaß gemacht. Wir sind immer wieder begeistert, was die Leute hier alle für ein Liederrepertoire in petto haben und alles mit der Gitarre begleiten können. Unsere Nachbarn gehören zu den kiffenden Leuten. Mit viel Alkohol obendrauf waren sie alle ultra abgedreht, produzierten aber dennoch unglaublich schöne/lustige Musik. Lisa wurde sogar aufgefordert Gitarre zu spielen und am traditionellem Tanz (Chacarera) teilzunehmen. Das lustige war, dass niemand diesen Tanz tatsächlich beherrschte. Auch Singspiele wurden eingebaut, wo sich immer jemand weitere Textzeilen ausdenken musste. Auch hier glänzte Lisa mit ihrem Spanischkenntnissen. Ich habe mich gemütlich zurückgelehnt und mich aus dem Spektakel herausgehalten. Es war mir eine Freude, mir das anzusehen. Beim Zurücklehnen fiel mir allerdings einmal der Mund auf. Ich schaute auf eine Stromleitung an der Straße und sah eine Ratte über diese krabbeln. Plötzlich war ich ganz aufgeregt und wedelte mit meinem Finger in Richtung Stromleitung, um alle darauf aufmerksam zu machen. Worte habe ich in meiner Aufregung keine gefunden. Als das Thema "Ratte auf Stromleitung" aufgegriffen wurde, erzählte uns unsere Nachbarin eine Geschichte mit einer Ratte im Baum vor ihrem offenen Fenster (im ersten Stock unseres Hauses). Das ist wohl sehr üblich, dass die Ratten sich über die Stromleitungen von Baum zu Baum bewegen. GRUSELIG!


Am 1.12.2015 stand eine große Abschiedsfeier der Brasilianer in unserem Haus an. Sie bleiben teilweise alle zwar noch bis Mitte/EndeDezember, aber die Abschiedsfeier sollte noch mit möglichst vielen Brasilianern/Brasilianerinnen stattfinden. Und das war das Datum, an dem noch so gut wie alle in Mendoza waren. Wir erwarteten etwas ganz großes. Unser Haus ist für so eine Feier auch perfekt. Wir haben zwei so gut wie leere Räume im Eingangsbereich, einen großen Küchenbereich und unseren Hinterhof. Nach oben durfte natürlich keiner der Gäste. Um 21 Uhr sollte es losgehen und es waren auch schon die ersten Gäste unten. Unsere Brasilianerinnen waren aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit dem Schminken fertig, sodass die wirkliche Party erst 22 Uhr losging. Dafür startete die Party von einem auf den nächsten Moment mit ca. 35 Partygästen. Es wurden brasilianische Lieder angemacht und scheinbar hat jedes Lied eine Choreographie, die natürlich auch jeder Brasilianer kennt. Nebenbei wurde Capirinha brasilianischer Art mit Cachaça zubereitet. Sehr witzig und das eine oder andere Lied tanzten wir auch mit. Nachdem sich die Brasilianier ungefähr eine Stunde tanzend betrunken haben, war diese Partystimmung genauso schnell, wie sie begann, auch wieder vorbei. Jetzt bildeten sich Grüppchen. Ein Grüppchen saß am Tisch, um sich mit Trinkspielen unheimlich doll zu betrinken. Ein kleines Grüppchen war noch auf der Tanzfläche zu finden. Vor der Tür und im Hinterhof waren die rauchenden Gäste. Und der schlimmste Partykiller überhaupt: in jeder Ecke standen plötzlich wild knutschnende "Pärchen". Unsere Brasilianerinnen mittendrin, denn sie haben hier alle drei in ihrem Auslandssemester einen "Freund", eine "Affäre" gefunden (wir haben keine Ahnung, was das für sie ist). Eine feste Beziehung wird es wahrscheinlich nicht sein, denn sie müssen alle drei im Dezember wieder zurück nach Brasilien. Durch dieses Rumgeknutsche war allerdings das Partygefühl sehr schnell verschwunden und jeder versuchte sich irgendwie die Zeit zu vertreiben. Gegen drei Uhr fuhren die ersten Partygäste nach Haus und wir gingen gegen vier Uhr ins Bett. Zu dieser Zeit waren vielleicht noch die Hälfte der Partygäste da. Wir wissen nicht, wie lange sie noch gefeiert haben, aber es war ruhig genug, um zu schlafen. Trotz einem komischen Feierverhalten und komischen Verhaltensweisen im täglichen Leben, werden wir unsere Brasilianerinnen alle drei vermissen. Sie waren halt ziemlich verrückte, nicht abgehobene und sehr reinliche Mitbewohnerinnen. Wer weiß, wer für das nächste Semester hier einziehen wird. 


Am 7.12.2015 haben wir abends ein Abendessen bei Fede und Enzo geplant. Mit dabei waren eine Chile-Andrea, Talita und ihre Cousine Gabi. Der Plan war: wir sollten kochen! Und die beiden Brasilianerinnen waren für den Nachtisch zuständig. Wir trafen uns am Nachmittag noch mit Juan auf einen Mate in unserem Haus, denn er fährt für fünf Monate nach Frankreich. Dort wird er in einem Reisebüro arbeiten. Und ein kleiner Abschied durfte eben nicht fehlen. Danach machten wir uns gegen 20:30 Uhr auf in den Supermarkt Carrefour, der sich sehr nah bei Fedes und Enzos WG befindet. Hier wollten wir alles für unser Curry einkaufen, dass wir kochen wollten. Leider fehlten uns die Hälfte der Zutaten, da wir nicht beachteten, dass es Samstag kurz vor Ladenschluss ist (mittlerweile war es nämlich 21:30- Ladenschluss 22:00 Uhr). Die wichtigste Zutat, Huhn, gab es nicht mehr. Außerdem fehlte noch Paprika und Zwiebellauch. Der nächste Supermarkt Jumbo war ca. 800 Meter entfernt und dieser hatte auch nur noch eine halbe Stunde offen. Wir entschlossen zusammen mit Fede, dass ich mit Fede mit Fahrrad zum Jumbo fahre. Ich bekam ein Fahrrad und folgte Fede durch die Straßen Mendozas. Ich rate jedem eindringlichst, niemals mit einem Mendoziner mit einem Fahrrad durch die Straßen Mendozas zu fahren. Es war nicht weit, aber ich habe Angst und Wasser geschwitzt. Gefahren wurde auf der Straße links und rechts im Wechsel (ja fast Slalom) um fahrende Autos. Frei nach dem Motto: mit dem Fahrrad passt man ja überall durch! Fede musste ziemlich oft auf mich warten, weil ich solche Fahrmanöver nur zu 50 % mitgemacht habe. Während Fede auf die Fahrräder draußen aufpasste, flitzte ich in den Jumbo. Der teure Supermarkt, in dem wir das Glüh-Fix unter einer deutschen Flagge fanden. Als ich im Jumbo nach Hühnerfleisch suchte, fiel mir über einer Kühltruhe eine weitere Deutschlandflagge auf. Ich rannte begeistert dorthin, um nach deutschen Produkten zu suchen. Auf den ersten Blick sah ich nur Speck nach deutschen Rezept hergestellt. Auf dem zweiten Blick sah ich sie dann. Würstchen nach deutschem Rezept! Meine Augen nahmen Herzformen an. Schon durch die Verpackung roch ich, dass es sich hierbei tatsächlich um die gewohnt schmeckenden Würstchen in Deutschland handeln könnte. Vier Würstchen für 26 Peso. Das klang nach einem Schnäppchen für argentinische Verhältnisse. Die Würstchen nach argentinischer Art haben hier eine sehr komische Konsistenz und schmecken eher wie Fleischwurst. Wieder bei Fede angekommen (LEBEND), probierten wir zusammen die Würtchen. Es war ein Genuss. Nach knapp vier Monaten ohne vernünftige Würtchen explodierten unsere Geschmacksnerven fast. In solchen Momenten weiß man, dass wir selbst solch kleine Sachen wie Würstchen aus Deutschland unglaublich vermissen und zu schätzen gelernt haben. Mit allen Wunschzutaten zauberten wir also unser Curry. Am Essenstisch konnte Enzo nicht genug davon kriegen, die Brasilianerinnen stocherten allerdings nur wirr im Essen herum. Ich kenne diese Momente nur zu gut. Wenn einem das Essen absolut nicht schmeckt und man einfach anstandshalber versucht, zu essen, aber nichts herunterkriegt. Natürlich gaben sie nicht zu, dass ihnen das nicht schmeckte und sie das nicht weiteressen können, aber Körpersprache verrät sehr viel. Als alle bis auf die Brasilianerinnen, die nach wie vor im Essen stocherten, fertig waren, erlöste ich sie, indem ich einfach anfing, den Tisch abzuräumen. Normalerweise wartet man ja, bis alle fertig sind mit dem Essen, aber mir war sehr klar, dass sie nichts mehr essen möchten. Die Erleichterung stand den beiden ins Gesicht geschrieben. Uns hat es jedenfalls sehr gut geschmeckt und Fede, Andrea und Enzo waren auch begeistert. Dann kam der brasilianische Nachtisch auf den Tisch. Es waren kleine Pralinenförmchen gefüllt mit einer Schokoladen-Kondensmilch-Masse und Schokostreuseln. Diese ultra klebrige und süße Masse scheint sehr typsich in Brasilien zu sein, denn unsere Brasilianerinnen essen davon Massen. Eigentlich ist es auch sehr lecker aber viel zu süß, sodass wir nicht sehr viel davon essen können. Und dieses ultra klebrige im Mund ist auch nicht sehr angenehm. Nach dem Essen führten Enzo und Andrea einen Tango auf, Lisa sollte ihre Gitarrenkünste zur Schau stellen und ich tanzte mit Enzo irgendwann den traditionellen Chacarera, ohne diesen jemals geübt zu haben. Es war sehr lustig. Im weiteren Verlauf waren dann alle auf der Tanzfläche, um die Nacht durchzutanzen. So ging wieder einmal ein sehr spaßiger Abend zuende.   

Am 09.12. waren wir zu zweit im Kino. Wir wollten unbedingt noch den letzten Teil von Tribute von Panem gucken. Das Kino befand sich im großen Shoppingcenter von Mendoza und sah eigentlich genauso aus wie unsere Kinos in Deutschland. Die Leinwand war etwas höher angebracht und damit war auch die Deckenhöhe höher. Das war grundsätzlich angenehmer, da so keine Köpfe im Weg waren. Aber die Kinosäle sind genauso heruntergekühlt wie unsere. Ein Pärchen kam mit einem Kleinkind in den Kinosaal (vielleicht ein Jahr alt). Das würde man bei uns auch nicht erleben. Schon gar nicht in einem Film, wo ständig jemand stirbt und die Geräuschkulisse entsprechend laut und erschreckend ist.  Bei uns wird vor einem Film erst Produktwerbung abgespielt und dann Filmwerbung. Hier bekommt man die Werbungen im Wechsel. Ansonsten ist uns nichts weiter aufgefallen. Ich habe jedoch nur 30 % vom Text verstanden, denn auf Deutsch oder Englisch gab's den Film nicht. Wir bezahlten 80 Peso Eintritt und zusammen 150 Peso für einen Eimer Popcorn, zwei große Getränke und 2 Kinderriegel. Die Kinderriegel sind hier einfach das Beste.

Gestern mussten wir das letzte mal für dieses Jahr in die Uni. Am Abend tranken wir spontan mit unseren Brasilianerinnen Abschiedswein und -bier. Uns wurde bewusst, dass das nun tatsächlich der letzte gemeinsame Abend sein wird. Der Gedanke allein war schon sehr traurig. Aber wir haben uns ausgemacht, dass wir uns nächstes Jahr in São Paulo treffen wollen. Vielleicht klappt das ja. Wir würden uns freuen.

Was steht heute auf unserem Plan?
-> PACKEN
Packen für unsere große Reise durch Südamerika. Wir haben nun 2 1/2 Monate Zeit und die werden wir auch nutzen. Es geht morgen früh um 8:30 Uhr los nach Valparaiso in Chile. Dort werden wir ein paar Tage bleiben und dann nach Antofagasta aufbrechen. Hier wartet auf uns ein reserviertes Auto für 7 Tage. Mit dem Auto wollen wir dann die Atacamawüste bei San Pedro unsicher machen. Diese ist ca. acht Autostunden entfernt. Die Weihnachtszeit werden wir in Arica sein, ganz im Norden von Chile. Auch hier haben wir wieder ein Auto für vier Tage reserviert. Damit wollen wir dann den Nationalpark Lauca erkunden. Am 29.12. treffen wir uns mit Katrin in Lima, Peru. Katrin wird mit uns Silvester feiern und mit uns 21 Tage durch Peru reisen. Darauf freue ich mich schon sehr und kann es kaum erwarten. Das ist eine geplante Tour mit einer Reisegruppe. Die Reise beginnt in Lima am 02.01.2016.  Sie führt quer durch Peru über Paracas, Nazca, Arequipa, zum Colca Canyon bis nach Cusco. Von Cusco werden wir uns auf eine viertägige Wanderung über den Inkatrail bis nach Machu Picchu begeben. Wir werden zum Titicacasee fahren und uns am Ende der Reise in La Paz, Bolivien, wiederfinden. Von La Paz werden wir ohne Katrin über den Norden Argentiniens nach Mendoza zurückreisen. Aber glaubt nicht, dass unsere Reise hier vorbei sein wird. Das ist nur ein kleiner Zwischenstop. Im Februar wollen wir nach Ushuaia fliegen... Feuerland wir kommen! Von hier aus haben wir sodann einen Monat Zeit, um vom südlichsten Punkt Argentiniens durch Patagonien in den Norden zu reisen. Wir freuen uns schon sehr auf unser großes Abenteuer und hoffen, keinen gefährlichen Tieren über den Weg zu laufen.  

Heute Abend werden wir uns von Alejo verabschieden, der für uns ein Asado macht. Die letzte Chile-Andrea (eine ist ja bereits abgereist) haben wir auch eingeladen. Das wird ein sehr sehr schwerer Abschied. Andrea ist uns schon sehr an Herz gewachsen. Sie war es, die uns durch ihre Deutschkenntnisse in den Viticulturakurs eingliedern konnte. Ohne sie hätten wir vermutlich alle Weinpflanzen kaputt geschnitten. Uns wurde auch mal wieder bewusst, dass ein halbes Austauschjahr viel zu kurz ist und wie im Flug vergeht. Wir versuchen, während unserer Reise den Blog aktuell zu halten. Also reinlesen lohnt sich. Jetzt werden Abenteuer geschrieben :D

Hasta la vista. Nos vemos. Besos para todos :* :* :*
Caro