Wale, Pinguine und mehr

06.11.2015 17:16

 

Wir nutzten ein kursfreies langes Wochenende (15.-19.10) für eine einwöchige Reise an die Atlantikküste, auf die Halbinsel Valdés. Von Mitstudenten aus meinem Spanischkurs erfuhr ich, dass dort zur Zeit Walsaison ist und man diese dort sehr gut beobachten kann. Caro zu überreden war nicht schwer und fix begannen wir mit der Planung, denn so viel Zeit war nicht mehr. Ursprünglich wollten wir nach Puerto Madryn (was direkt an der Halbinsel liegt) fliegen, aber die Flüge waren uns eindeutig zu teuer. Wir entschieden uns für einen Fernbus, da dieser mit 100 € deutlich günstiger war als ein Flug für 300 € (jeweils für eine Strecke). Als wir jedoch die Fahrtzeit sahen, mussten wir etwas schlucken: 24 h bis nach Puerto Madryn. Aber der Preis war eben viel günstiger, deswegen kauften wir schnell Tickets, um wieder die Plätze ganz vorne im Doppelstockbus zu bekommen, denn da ist ein bisschen mehr Platz und man hat eine super Aussicht.

Wir packten unsere Rucksäcke und Mittwochabend fuhren wir zum Terminal und richteten uns so bequem wie möglich für unsere 24-stündige Fahrt ein. Zum Abendbrot bekamen wir eine Art Sauerbraten mit Kartoffel serviert (sogar mit Tablett, damit man es auf seinem Schoß abstellen kann, denn Tische gibt es keine), außerdem ein Minisandwich, irgendwas mit Ei und Flan (eine Art Pudding aus Ei, Milch und Zucker) sowie ein Getränk. Wir hofften nur die ganze Zeit, dass der Bus nicht scharf bremsen muss und unser Essen dann an der Frontscheibe klebt. Bei der letzten Rückfahrt aus Santiago hat ein Reisegast eine gesamte Flasche Zitronenlimo abbekommen, weil der Busfahrer während des Ausschenkens eine (unserer Meinung nach unnötige) Vollbremsung machte und der Busbegleiter (oder Steward, keine Ahnung^^) sich nicht mehr festhalten konnte...das muss ordentlich geklebt haben...zum Essen wurde ein Film angemacht und dann war auch schon Schlafenszeit. Jeder bekam noch ein Kissen, die Sitze wurden weeeit zurückgestellt und wir versuchten, eine bequeme Position zum Schlafen zu finden. Diesmal hatten wir unsere Rucksäcke nicht mit in den Kofferraum packen lassen, sondern mit hoch genommen, sodass wir unsere Beine hoch legen konnten. Die Nacht wurde zwar mit einigen Stops an anderen Terminals unterbrochen, aber an sich konnten wir ganz gut schlafen. Die Nacht wurde jedoch morgens halb sieben prompt beendet, als das Servicepersonal wieder die Tabletts austeilte und es Frühstück gab. Nach dem leckeren Abendessen waren wir sehr gespannt, was es nun feines zum Frühstück geben sollte, aber es gab lediglich ein Alfajor (ein süßer Schokoladensnack) und Tee oder Kaffee...und dafür haben sie uns geweckt... na toll. Das hätten sie uns auch einfach in den Schoß legen und uns schlafen lassen können. Tja, ansonsten passierte auf der Fahrt nicht so viel Spannendes, wir fuhren die ganze Zeit durch eine immer gleichaussehende Landschaft aus Sand und dornigen Büschen, ohne Handynetz. Stundenlang. Bis irgendwann mal wieder eine größere Stadt kam, in der es wieder ein Handysignal und einen Terminal gab, an dem wir hielten. Manchmal hielten wir etwas länger (5-10 min), dann konnten wir kurz mal aussteigen, was zu Essen kaufen oder die Toiletten im Terminal nutzen. Im Bus gab es auch eine Bordtoilette, aber da hieß es: por favor, solo pipi, no popo...und auch während der Fahrt war die Klonutzung ein bisschen abenteuerlich...

Kurz vor unserem Ziel (wir hätten noch ca. eine halbe Stunde Fahrtzeit gehabt) erreichten wir die Provinz Chubut. Hier in Argentinien gibt es Polizeikontrollen an den Provinzgrenzen und sie ziehen stichprobenartig Fahrzeuge heraus und kontrollieren diese. Wir wurden schon an der Provingrenze von Mendoza kontrolliert, sie durchsuchten das Gepäck und einer musste mit seiner Tasche sogar ins Büro, kehrte aber kurz später wieder zurück. Sein Shirt saß etwas schief und die Jacke hatte er nur noch schnell drüber geworfen, anscheinend haben die Polizisten hier etwas gründlicher geschaut. Zum Glück mussten wir nicht unsere Rucksäcke auspacken. An den anderen Stationen hatten wir Glück, da sie meist einen anderen Bus gerade durchsuchten und unserer durfte durchfahren. In Chubut jedenfalls wurden wir dann wieder herausgezogen. Diesmal hatten sie sogar einen Spürhund dabei (sehr zur Freude Caros), welcher fleißig unser Gepäck abschnüffelte. Bei uns vorne blieben sie sehr lange und immer wieder schickte der Polizist den Hund auf unser Gepäck. Schließlich baten sie die Frau hinter uns, mitzukommen. Und diesmal kam sie nicht so schnell wieder, nur der Polizist mit dem Hund, der nochmal den Sitzplatz der Frau untersuchte. Ab da war uns dann klar, dass sie bei ihr wohl etwas gefunden haben. Höchstwahrscheinlich Drogen, vermuteten wir. Letztendlich warteten wir drei Stunden, denn das argentinische Gesetz verlangt, dass wir sie wieder mitnehmen müssen. Der Busfahrer kam irgendwann hoch und fragte scherzhaft, ob noch jemand solchen Mist dabei hat...dann warfen sie eine Musik-DVD an und ab da konnte ich dann leider nicht mehr verstehen, was da so erzählt wurde. Denn machmal stiegen fast alle Passagiere aus, marschierten zusammen zum Büro, standen dort eine Weile herum und kamen dann munter schnatternd wieder. Nach drei Stunden waren die Polizisten dann fertig mit ihr und wir konnten weiter fahren. Eine Flasche Wein beim nun folgenden Bingo-Spiel gewannen wir leider nicht. Aber wir konnten super spanische Zahlen üben!

Unser Problem war nun aber, dass wir jetzt statt 19 Uhr erst 22 Uhr in Puerto Madryn ankamen und unsere ganze Planung im Eimer war. Eigentlich wollten wir nach Ankunft direkt zur Information, dann den Campingplatz außerhalb der Stadt aufsuchen und uns noch erkundigen, wann und wo man am nächsten Tag mit dem Bus auf die Halbinsel fahren kann. Nun kamen wir aber mal wieder im Dunkeln nachts in einer fremden Stadt an und hatten eigentlich keine Ahnung von nix. Naja, diesmal nur fast nix. Denn im Gegensatz zu unserer ersten Fahrt nach Santiago hatten wir diesmal einen Reiseführer dabei. In diesem war für Puerto Madryn eine ganze Reihe an Hostels aufgelistet sowie ein Stadtplan vorhanden. Im Terminal schloss sich uns ein Hund an, welcher freudestrahlend mit uns auf Hostelsuche ging. Denn zum Campingplatz wollten wir bzw. kamen wir mittlerweile nicht mehr. Daher mussten wir uns nun ein Hostel suchen, was leider eben teurer ist als ein Campingplatz. Das erste Hostel war uns aber viel zu teuer und zur Freude unseres treuen Begleiters suchten wir weiter. Dieser hat nämlich die ganze Zeit vor der Tür gewartet. Das zweite Hostel sah sehr gemütlich und familiär aus (und wurde in meinem Reiseführer sehr empfohlen). Hier fiel es uns schon schwerer, uns von unserem neuen Freund zu verabschieden und wir schafften es nur mithilfe einer Mitarbeiterin, ohne dem Hund im Hostel zu erscheinen. Leider war das schon ausgebucht. Es wurden uns aber zwei weitere Hostels empfohlen, die garantiert ein Bett für uns hatten. Der Hund saß immer noch draußen und freute sich riesig, dass er nun wieder mit uns durch die Stadt ziehen konnte. Wir kauften uns Panchos (eine Art Hotdog, aber nur aus Brötchen und Würstchen und einer großen Auswahl an Soßen, die man sich da drauf machen lassen kann) und teilten sie brüderlich mit unserem Begleiter. Im dritten Hostel gab es dann endlich ein Bett für uns und es zeriss uns fast das Herz, unseren neuen Freund draußen sitzen zu lassen in der Kälte und im Nieselregen. Er saß einfach da rum und war sicher der Meinung, wir kommen ja gleich wieder raus, so wie wir es bisher immer gemacht haben.

Wir nahmen dieses mal zwei Betten in einem Gemeinschaftszimmer, da das deutlich günstiger war als ein Doppelzimmer. Wir teilten uns das Zimmer mit drei Mädels aus Buenos Aires, welche auch am nächsten Morgen zur Halbinsel wollten (zum Schnorcheln). Viel erzählten wir nicht mehr, da es mittlerweile sehr spät war und wir alle sehr müde waren. Am nächsten Morgen ging es nach einem Frühstück (was mal nicht nur aus Medialunas bestand und fast so gut war, wie in Santiago!) zum Terminal, wo wir die Tickets kauften und dann auf den Bus warteten. Unseren nächtlichen Freund sahen wir leider nicht nochmal. Die Fahrtzeit nach Puerto Pirámides auf der Halbinsel Valdés betrug ca. 1 Stunde. Unterwegs hielten wir wieder an einer Art Kontrollstation, um den Eintritt für die Halbinsel zu bezahlen. Hier wurde Ausländern ordentlich Geld aus den Taschen gezogen, denn während Einheimische 110 Peso zahlen, mussten wir 260 Peso blechen, mehr als doppelt so viel. Bewohner der Provinz Chubut zahlen sogar nur 90 Peso. Während wir also im Bus abkassiert wurden, lernten wir Louis kennen, einen deutscher Abiturient aus Heidelberg. Louis hatte für Mittag eine Bootstour zum Wale schauen gebucht (und auch schon bezahlt) und musste nun im Bus erfahren, dass aufgrund des starken Windes der Hafen geschlossen ist. Ob er sein Geld für die Tour wiederbekommt, konnte man ihm nicht sagen, aber den Eintrittt musste er jetzt bezahlen oder aussteigen. Da ich ihm ein wenig beim Übersetzen der Unterhaltung geholfen habe, kamen wir drei dann ins Gespräch. Unsere Wege trennten sich dann aber in Puerto Pirámides, wir gingen auf die Suche nach unserem Campingplatz, Louis versuchte, sein Geld zurück zu bekommen. Am Campingplatz angekommen, suchten wir uns ein schönes Plätzchen zum Zeltaufbau. Da wir an einem Tag unserer Reise die Halbinsel erkunden wollten und dies nur mit einer überteuerten Touri-Tour oder per Anhalter möglich war, war der Plan, hier Kontakte zu knüpfen, sodass uns vielleicht jemand mitnimmt. Daher schlugen wir unser Zelt in der Nähe vieler anderer Zelte auf, aber irgendwie war das sehr abgelegen vom "Campingplatzzentrum". Aber egal. Der Mitarbeiter schaute auch bald vorbei, ob wir Hilfe beim Zeltaufbau brauchen. Aber wir erfahrene Camper lehnten natürlich höflich ab, denn so ein Zelt aufzubauen ist ja nicht schwer. Dachten wir. Als wir irgendwann fertig waren, aber irgendwie immer noch unverbaute Teile in der Hand hatten, griff der Mitarbeiter dann ein. Ohjee..aber unser Zelt ist ja kein Standardzelt, sondern High-Tech ;) nur waren viel zu wenig Heringe mitgeliefert, aber ausreichend, um das Zelt stabil aufzubauen (da wird jetzt eben auch gespart). Letztendlich stand dann das Zelt zu unser aller Zufriedenheit und wir räumten unseren Krempel rein, bezahlten und liefen dann zurück zum Hafen.

Dort hatten wir uns ein bisschen unbestimmt mit Louis verabredet, aber als wir dort ankamen, sahen wir, dass nun doch Boote hinausfuhren, Louis also Glück hatte. Wir machten uns auf die Suche nach etwas zu essen. Puerto Pirámides war sehr klein und übersichtlich. Die Preise waren natürlich mega hoch, wir aßen etwas abgelegen vom Hafen, aber nicht, weil es da billiger war, sondern nicht so voll. Caro bestellte eine Pizza und ich wollte eigentlich Fisch oder ähnliches (schließlich waren wir an der Küste), aber im Angebot waren nur unbekannte Mariscos, also Meeresfrüchte. Ich bestellte kühn das einzige, was mein Wörterbuch übersetzte: Garnelen in Knoblauch. Und bekam dann einen dampfenden Teller, welcher ausschließlich mit Garnelen gefüllt war. Am Anfang wusste ich nicht mehr so genau, wie ich die nun "schäle", aber hauptsache die Schale war ab^^ und schmecken tat es auch ganz gut...bis ich dann irgendwann feststellte, dass in fast jeder Garnele im Inneren ein langer, brauner krümeliger Streifen "Dreck" war...das war dann..ja, es war eklig. Das wollte ich dann nun nicht unbedingt essen. Ich suchte noch ein paar saubere Garnelen heraus, der Rest landete geschält und zerkleinert auf dem Schalenteller. War nicht so zufriedenstellend und ich beschloss, ab sofort lieber beim Fleisch zu bleiben. Caro überließ mir die Reste ihrer Pizza, aber eigentlich war ich nicht mehr so hungrig... beim Bezahlen lief plötzlich Louis am Fenster vorbei und wir rannten fix raus und ihm hinterher. Rufen konnten wir ihn nicht, zu dem Zeitpunkt wussten wir seinen Namen noch nicht...mit Ey Deutscher! wollten wir nun nicht seine Aufmerksamkeit bekommen...also rief Caro auf Spanisch ;) Ay Chico! Das fand er ganz witzig und wir stellten uns nun endlich mal vor. Wir fragten ihn über die Bootstour aus, schließlich hatten wir das gleiche vor. Louis schwärmte so sehr, dass wir beschlossen, noch am gleichen Tag hinaus zu fahren, wenn wir noch einen Platz bekommen und gingen gleich auf Suche. Und hatten auch Glück. Die Fahrt kostete 900 Pesos (umgerechnet ca. 60 €) und wir hofften, dass sie das auch wert sein wird. Die Inflation hat auch hier ganz schön zugeschlagen (oder der Tourismus), denn in meinem Reiseführer waren für 2013/14 noch Preise von 450 Pesos vermerkt. Aber Caro hatte die Preise schon während der Vorbereitung erörtert, daher waren wir nun nicht überrumpelt. Bis zur Abfahrt waren es noch 1,5 Stunden und wir holten noch schnell warme Sachen und schlenderten ein bisschen an der Küste entlang. Louis machte sich dann per Anhalter auf den Weg zurück nach Puerto Madryn.

Wir mummelten uns dick ein, bekamen eine Schwimmweste angelegt und marschierten dann zum Schlauchboot. Da es hier keinen Kai oder einen Bootssteg gibt, stand unser Boot am Strand in einer Vorrichtung bereit und wurde mithilfe eines Traktors ins Wasser geschoben, wo es dann rückwärts aus der Vorrichtung herausfuhr. Und dann fuhren wir ein Stück in die Bucht hinein, aber weit mussten wir nicht fahren, da steckte schon der erste Wal neugierig seinen Kopf aus dem Wasser und stieß zwei Fontänen in die Luft. Es war ein Südkaper, eine Art des Glattwals. Es handelte sich um ein Kalb, trotz seiner gewaltigen Maße. Die Mutter tauchte aber auch bald auf und ein Raunen ging durch das Boot. Sie war ganz nah. Immer wieder tauchten die Köpfe aus dem Wasser und man hörte das Zischen ihrer Fontänen. Beim Untertauchen konnte man dann auch ihre Flosse (Fluke) sehen. Ein Guide erklärte ausführlich Aussehen und Verhalten der Tiere, aber wir waren viel zu abgelenkt, um zu zuhören. Wir fuhren noch ein Stück weiter, denn dort konnte man ebenfalls eine Mutter mit ihrem Jungen sehen. Man konnte gar nicht zuordnen, was da welches Körperteil war und was zu welchem Wal gehört. Aber der Guide erklärte, dass die Mutter unter dem Jungen schimmt und es an die Wasseroberfläche drückt. Ihre Fluke ragte dabei die meiste Zeit aus dem Wasser und winkte uns. Als dann aber eine Möwe kam, welche Fett von ihrem Rücken picken wollte, tauchten die beiden dann unter. Blöde Möwe. Wir sahen noch einige weitere Wale, die sicherlich genauso neugierig wie wir waren. Weiter weg sprangen sie sogar aus dem Wasser und man hörte sie mit einem lauten Platschen wieder ins Wasser plumpsen. Zum Glück machten sie das nicht in unserer Nähe, unser kleines Boot schaukelte so schon genug. Wobei das sicher auch beeindruckend gewesen wäre. Aber auch so waren wir begeistert und fasziniert. Viel zu schnell waren die 1,5 Stunden vorbei und wir mussten auf unsere Plätze zurück, denn es ging zurück nach Puerto Pirámides. Drei Pinguine schwammen noch vorbei und auf einem Felsen saß eine Gruppe Seelöwen. Uns wehte die salzige Seeluft ins Gesicht, die Sonne stand tief über dem Meer und immer wieder sah man einzelne Wale aus dem Wasser springen.

Zurück auf dem Campingplatz mussten wir feststellen, dass alle Zelte in unserem Bereich abgebaut wurden (es war eine Schulgruppe, die abgereist ist) und unser Zelt war nun seeehr abgelegen und allein. Kurzerhand räumten wir es leer, zogen die wenigen Heringe und trugen unser ultraleicht-Zelt zu einem besseren zentralen Platz. Dabei schauten uns zwei Straßenhunde zu, die wohl ihr Revier auf dem Campingplatz hatten ^^ und die wir bald noch häufiger treffen sollten. Den Abend verbrachten wir mit Keksen am Strand...Kekse waren das einzige Lebensmittel, was wir uns leisten wollten. Es war alles wahnsinig teuer, selbst für argentinische Verhältnisse. Die Kekse waren mit 25 Peso noch "supergünstig". Vom Campingplatz aus kletterten wir auf die Düne und genossen von dort einen wunderschönen Sonnenuntergang, untermalt von dem Platschen der springenden Wale draußen im Golf. Am Anfang konnten wir sie sogar sehen, aber als es dann zu dunkel wurde, hörte man eben nur noch das Platschen. Mit zunehmender Dunkelheit kamen dann auch die Sterne heraus. Das Kreuz des Südens kennen wir nun schon ganz gut, es steht auch direkt im Süden (daher wohl der Name^^). Wir stellten außerdem noch einmal fest, dass der Mond hier auf dem Kopf steht (oder wir?) und dadurch zunehmender und abnehmender Mond genau anders herum sind. Von Fede erfuhr ich später, dass hier die Regel gilt: Ist der Mond ein C, dann ist zunehmender Mond (auf Spanisch "creciendo"), ist er ein D, dann ist abnehmender Mond (Spanisch: "decreciendo"). Und weil ich gerade dabei bin: Am nächsten Morgen stellte ich zusätzlich fest, dass die Sonne hier mittags im Norden steht (von wegen "im Norden ist sie nie zu sehen"!). An sich ist das ja auch alles logisch, aber trotzdem faszinierend, das festzustellen... der Sternenhimmel wurde immer schöner, man sah die Milchstraße. Und wir waren wieder total glücklich, an so einem wunderschönen Ort sein zu dürfen. Es wurde dann aber auch kalt und so gingen wir zurück zum Zelt. Duschen konnten wir leider nicht mehr, denn die Duschen waren nur von 18 Uhr bis 18.30 Uhr geöffnet.

Am nächsten Tag, der Samstag, wollten wir ein bisschen die Halbinsel erkunden. Es gab einige Aussichtspunkte, von welchen aus man Seeelefanten, Pinguine und, wenn man Glück hat, sogar Orcas bei der Robbenjagd beobachten kann. Problem jedoch war, dass es keine öffentlichen Verkehrsmittel auf der Insel gibt. Nur mit einer geplanten Touri-Tour in einem Touri-Bus konnte man die 75 km entfernten Aussichtspunkte erreichen. Für 800 Peso...das sahen wir nicht ein, zu bezahlen. Die andere Möglichkeit, dort hinzukommen, war mit einem Auto. Wir hatten keins, aber andere Touristen. Und wir einen Daumen an der Hand... im Prinzip war das die einzige Möglichkeit für uns, irgendwie ein bisschen mehr von der Insel zu sehen. Auch die nette Frau in der Info schlug uns vor, per Anhalter zu fahren und zeigte uns noch auf der Karte den strategisch günstigsten Punkt. So wohl war uns bei der Sache nicht, wir haben das beide noch nie gemacht. Aber auf einer Halbinsel, wo man einen Haufen Geld Eintritt zahlt, sind wohl auch nur Touristen, die das gleiche Ziel haben wie wir. Also marschierten wir ein Stück aus dem Ort heraus, stellten uns an die Straße und hielten den Daumen hoch. Natürlich hielt kein Auto und wir fühlten uns dabei total blöd. Wir beschlossen, zurück in den Ort zu gehen und einfach Leute anzusprechen. So konnten wir erstmal gucken, wer da im Auto ist. Die Menschen waren auch alle lieb und aufgeschlossen, als wir sie fragten, aber keiner fuhr auf die Halbinsel oder deren Auto war voll. Aber wir bekamen wieder den Hinweis, es vielleicht weiter außerhalb des Ortes zu probieren. Wir schauten auf unsere Karte und beschlossen, zum Abzweig zu laufen. Auf die Halbinsel führt eine einzige Straße und an diesem Abzweig teilt sich die Straße in eine Zufahrtsstraße zu Puerto Pirámides und eine Straße, die weiter auf die Halbinsel führt. Wenn wir dort stehen, würden nur Autos vorbeikommen, die weiter auf die Halbinsel wollen und somit höchstwahrscheinlich zu den Aussichtspunkten. Auf dem Weg dorthin sahen wir Monsterraupen und zwei Guanacos, eine Lamaart, die über die Zäune an der Straße hüpften. Da die ganze Halbinsel nur aus Sand und Wind besteht (und Büschen), war es sehr trocken und staubig. Nach einer dreiviertel Stunde und einer Abkürzung, die sich als Umweg entpuppte (wegen ebendieser Zäune, die entlang der Straße aufgestellt sind und wir nicht so sprunghaft sind wie die beiden Guanacos) erreichten wir die Kreuzung und standen nun auf einem Schotterweg und schon nach kurzer Zeit bog das erste Auto ab. Wir hielten unseren Daumen hoch und das Auto hielt an. Drinnen saß ein junges Pärchen, aber leider fuhren die nur zu einem nahe gelegenen Strand. Auch das nächste Auto hielt, aber leider mit dem gleichen Ziel. Dann warteten wir eine ganze Weile. Ich begann langsam zu zweifeln. Wir würdem zwar sicher die Ostküste der Halbinsel erreichen, aber würden wir bei so wenig Autotouristen auch wieder zurück kommen? Laufen konnten wir die Entfernung ja nicht. Die nächsten beiden Fahrzeuge waren Touri-Busse, da streckten wir unseren Daumen natürlich nicht raus. Und dann kam ein Auto, dass anhielt UND zu einem Aussichtspunkt wollte. Es war ein älteres Ehepaar aus Buenos Aires und anscheinend freuten sie sich über ein wenig Gesellschaft. Auf der einstündigen Fahrt unterhielten wir uns ein wenig, während wir mit 80 km/h über die Schotterpiste preschten...das arme Auto. Wir sahen viele Schafe, Patagonien lebt von der Schafwollproduktion. Die Schafe hier haben aufgrund des rauen Klimas ein sehr dickes Fell, jedenfalls normalerweise. Denn diese Schafe waren alle geschoren. Außerdem sahen wir ein paar vereinzelte Estancias, kleine Rinderfarmen. Wir fuhren an einem Salzsee vorbei, sahen Ñandus und jeeede Menge Schafe. Ab und zu auch mal tote, über denen die Aasvögel kreisten.

Alsbald erreichten wir den ersten Aussichtspunkt, den Punta Delgada. Wir wollten uns für die Fahrt bedanken, aber das Ehepaar bot uns an, dass wir später gemeinsam zum nächsten Aussichtspunkt fahren können. Das war echt klasse, wir konnten uns gar nicht genug bedanken. Wir fühlten uns nämlich immer noch ein bisschen komisch, bei fremden Leuten mitzufahren, weil wir den Touri-Bus nicht bezahlen wollten. Der Punta Delgada bestand aus einer Anlage mit Leuchtturm und teurer Gaststätte und einer Aussichtsplattform. Von dort aus sah man viele Seeelefantkolonien. Die Seeelefanten lagen faul am Strand herum und sonnten sich. Die Männchen waren ziemlich groß und es sah sehr lustig aus, wenn sie doch mal mit ihrem fetten Körper über den Strand schwabbelten. Es waren auch viele Junge dabei. Kam ein Männchen von einer benachbarten Kolonie vorbeigeschwabbelt, dann wurde es von dem dortigen Männchen mit tiefen Grunzen gewarnt und ein bisschen gedroht. Großen Streit gab es dann aber nicht. Und dann lagen wieder alle wie tot in der Sonne. Einige schaufelten sich Kies auf den Rücken, um sich ein wenig vor der Sonne zu schützen, andere badeten im Meer. Wir beobachteten sie eine Weile, beschlossen dann aber, weiterzufahren.

Am nächten Aussichtspunkt konnte man ein Stück an der Küste entlanglaufen, runter an den Strand durfte man natürlich aufgrund der Tiere nicht. Am Weg entlang waren viele Informationstafeln für Kinder aufgestellt, welche die heimische Flora und Fauna erklärten. Für uns natürlich super interessant. Auf der Insel leben auch Gürteltiere und Maras, aber die bekamen wir nicht zu Gesicht (höchtens die Höhlen der Gürteltiere, aber da sind wir uns auch nicht so sicher), außerdem gruselige Wespen, die Spinnen zur Eiablage verwenden, viele Pflanzen...zwischen den Büschen schlängelten sich große Eidechsen. Eine brachte uns beide sogar aus dem Gleichgewicht, da sie wie ein Blitz sich zwischen unseren Beinen durchschlängelte und wir beinahe drauf getreten wären, denn man sah nur einen dunklen Schatten, der vorbeizischte. Am Strand tummelten sich wieder Seeelefanten. Bei Ebbe soll man einen Mast eines Segelschiffes sehen können, welches Anfang des 20. Jahrhundert im Sturm gekentert ist. Aber da gerade Flut war, sah man nichts. Aber an der Stelle soll sich zu der Zeit ein kleiner Hafen befunden haben, wo Schiffe die Schafwolle verluden. Heute könnten Schiffe aufgrund der veränderten Küstenstruktur nicht mehr anlegen. Von dem Hafen sieht man auch nichts mehr.

Mittlerweile war es schon später Nachmittag und das Ehepaar bot uns an, uns mit zurück zunehmen. Perfekt. Wir beschlossen, dem Ehepaar dann 100 Peso zu geben, so als solidarischen Beitrag zu ihren Benzinkosten oder so. Zumal sie uns sogar bis nach Puerto Pirámides zurückfuhren. Aber am Hafen luden sie uns noch zu einer Tasse Kaffee ein. Wir waren hin- und hergerissen. Denn es war kurz vor 18 Uhr: Duschzeit auf dem Campingplatz...eine Dusche wäre schon mal wieder nett. Aber wir fanden es unhöflich, abzulehnen. Leider lernten wir nun die andere Seite unserer Begleiter kennen. Wir bestellten Submarinos und Medialunas. Ein Submarino ist eine Tasse warme Milch mit einem Barren Trinkschokolade, der in die Milch gestellt wird und dann langsam schmilzt. Sehr lecker. Jedoch waren die beiden überhaupt nicht zufrieden. Die Tassen mussten ausgetauscht werden, da sie einen kleinen Sprung hatten, die Medialunas waren zu wenig. Sie bestellten zwei nach und warteten dann ungeduldig und fragten alle zwei Minuten, ob der Kellner sie vergessen habe. Dieser wärmte sie gerade nochmal im Ofen auf, das dauert halt einen Moment. Als der Kellner sie dann brachte, wollten sie nun keine Medialunas mehr, das hat ihnen zu lange gedauert. Der arme Kellner, er tat uns schon sehr leid. Zumal sie beim Gehen sogar 10 Peso zu wenig auf den Tisch legten. Nicht sehr nett...wir verabschiedeten uns und rannten fast zum Campingplatz, in der Hoffnung, noch duschen zu können. Und tatsächlich, als wir ankamen, waren die Duschen noch offen. Wir holten schnell unsere Sachen und dann konnten wir den Luxus einer heißen Dusche genießen. Gegenüber von unserem Zelt hatte sich ein schweizerisches Ehepaar mit ihrem Wohntruck niedergelassen. Sie reisen damit ein Jahr durch Südamerika und erfüllen sich somit einen Traum, dafür haben sie sogar ihren Wohntruck eingeschifft. Ein bisschen mehr Luxus, als unser Zelt. Das war nämlich total versandet. Aufgrund des Windes und der etwas ungünstigen Ausrichtung des Zeltes wurde unter dem Überzelt hindurch den ganzen Tag Sand durch das Fliegennetz in unser Zelt geweht... also räumten wir wieder unser Zelt aus, entsandeten alles und räumten wieder ein. So wurde es auf jeden Fall nie unordentlich^^. Von dem Ehepaar aus Buenos Aires haben wir von einem Minimarkt im Ort erfahren, den wir nun aufsuchten. Da war es zumindest etwas günstiger und wir erweiterten unsere Verpflegung mit Brötchen, Bananen, Tomaten, Linsen (waren aber weiße Bohnen^^ wir haben die Abbildung falsch gedeutet) und einer Flasche Wein. Den Abend verbrachten wir dann wieder auf der Düne, diesmal mit einem ausgiebigeren Picknick und Wein. Und wieder bestaunten wir den wunderschönen Sternenhimmel. Die Nacht verbrachten wir auch nicht alleine. Wir hatten nun einen Bewacher für unser Zelt. Einer der Campingplatzhunde schlief die ganze Nacht an unserem Zelt, nachdem er ein paar Streicheleinheiten bekommen hat. Er bellte jeden an, der vorbeikam. Sogar seinen Hundefreund.

Auch der Sonntag war ein sehr sonniger Tag und wir mussten schon bald aus dem Zelt raus, weil es so warm wurde. Wir beschlossen, den Tag zum Baden zu nutzen. Schließlich waren wir am Meer. Wir fragten in der Information, wo man baden könnte, aber das ging überall. Im Supermarkt kauften wir noch Getränke und Verpflegung und ein bisschen Trockenfutter für die Hunde, da konnte man sich nämlich aus einer Großpackung etwas abfüllen. Am Strand zog ich auch gleich die Schuhe aus, um barfuß im Wasser zu laufen. Hej...das Wasser war eisig. Baden fand ich auf einmal nicht mehr so toll. Es war kälter als ein Kneippbecken. Wir suchten uns einen ruhigen Platz zum Frühstücken und hatten alsbald auch Besuch von einem kleinen Hunderudel. Schlecht ging es den dreien wohl nicht, der eine war kugelrund^^. Aber sie hechelten ganz schön und Caro bastelte aus einer Plastiktüte einen Trinknapf im Sand. Und Tatsache, die Hunde hatten wahnsinnig Durst. Schließlich ist hier alles salzig. Caro opferte ihre ganze Flasche (1,5 L!). Aber wir brachen bald wieder auf, kauften Caro eine neue Flasche und machten uns auf den Weg zu einem weiteren Aussichtspunkt, welcher ca. 4 km entfernt war. Er hatte den verheißungsvollen Namen "Mirador de las Ballenas" - "Aussichtspunkt der Wale". Ein kleiner Pfad führte durch die hügelige Landschaft, bis wir auf eine Zufahrt stießen. Nun liefen wir im Staub, welchen vorbeifahrende Autos aufwirbeln. Schon am Tag zuvor begegneten wir einer Art "Sandmobil", welches den ganzen Tag den Sand von der Straße schiebt, damit diese befahrbar bleibt (wie bei uns der Winterdienst den Schnee von der Straße schiebt). Am Aussichtspunkt angekommen, erwartete uns das Grunzen und Bellen von Seelöwen welche sich auf einem Felsen sonnten. Es stank nach Algen und Fisch^^ das soll typisch für diese Tiere sein. Wir verbrachten dort den ganzen Nachmittag und beobachteten die Tiere. Wale sahen wir nicht so oft, aber plötzlich sprangen relativ in der Nähe zwei Wale gemeinsam aus dem Wasser. Wahnsinn!!! Als dann Walbeobachtungsboote kamen, tauchten noch ein paar Wale mehr auf und streckten ihre Köpfe und Fluken aus dem Wasser. Bei den Seelöwen war einiges los, sie robbten aus dem Wasser (der Aufstieg war sehr steil, fast senkrecht, aber sie robbten da ganz gemütlich hinauf) oder wieder hinein. Die Männchen waren sehr viel größer als die Weibchen und wenn sich eines mal ein wenig bewegte, plumpsten auch mal einige der Weibchen ins Wasser. Sehr rücksichtslos. Und sehr lustig, anzusehen. Auch sie hatten Junge dabei.

Am späten Nachmittag machten wir uns wieder auf den Rückweg, sodass wir pünktlich zum Duschen zurück waren. Schließlich stand uns am nächsten Tag noch eine 24-stündige Busfahrt bevor. Auch diesen Abend verbrachten wir auf unserer Düne, diesmal mit den beiden Campingplatzhunden. Wir haben den zweiten Hund auch zu unserem Zelt eingeladen, sodass sich die beiden wieder vertrugen. Da sie aber die Schräge der Düne nicht so bequem fanden, fingen sie kurzerhand an, sich eine ebene Fläche zu buddeln, auf der sie dann bequem schlafen konnten. Wir sind immer wieder erstaunt, wie intelligent die Hunde hier sind. Am Zelt hatte Caro nun eine Futterstation aufgebaut, wo sie Wasser (jetzt aber Leitungswasser) und ein bisschen Hundefutter bekamen. Sie bewachten diese Nacht diesmal zusammen unser Zelt. Sie begleiteten uns zum Waschraum und warteten dort, bis wir wieder herauskamen. Sehr niedlich. Am nächsten Morgen gesellte sich auch das andere Rudel vom Strandspaziergang dazu und wir saßen nun mit fünf Hunden auf dem Campingplatz. Wir packten in aller Ruhe unsere Sachen zusammen und versuchten, so wenig Sand wie möglich mitzunehmen. Der Bus zurück nach Puerto Madryn fuhr mittags und wir verbummelten den Vormittag mit unserem Hunderudel auf dem Campingplatz. Der Betreiber wollte auch unbedingt ein Foto mit uns, bevor wir gehen. Leider war er da aber mal wieder verschwunden (wahrscheinlich bummelte er wieder am Strand lang, um sich von der harten Arbeit auf dem Campingplatz auszuruhen ;)). Unser Hunderudel begleitete uns auch noch mit zum Bus, wo wir uns von ihnen verabschiedeten und sie frischfröhlich wieder zum Strand rannten. Was für ein Hundeleben!

In Puerto Madryn hatten wir furchtbar Heißhunger auf etwas ordentliches zu essen, Kekse und Bananen sind dann doch etwas einseitig. Also gab es lecker Pizza an der Strandpromenade, aber so umwerfend fanden wir Puerto Madryn dann nicht, kein Vergleich mit dem Stück wilde Natur auf Valdés. Wir kauften noch ein bisschen ein und warteten dann am Busbahnhof auf unseren Bus, der uns wieder nach Mendoza brachte. Diesmal ohne Kontrollen und Verzögerungen. Aber mit vielen tollen Erinnerungen an eine wilde, öde und karge Landschaft, die eigentlich sehr unwirtlich ist, trocken, heiß, kalt, windig...und trotzdem eine so artenreiche Tierwelt hat, die irgendwie mit diesen harten Bedigungen klarkommen. Am Anfang dachten wir, die Insel ist total langweilig mit ihren Dornenbüschen und dem trockenen Sand. Aber ganz im Gegenteil...diese wilde und fast unberührte Natur ist äußerst faszinierend und wunderschön, auf ihre Art.

Liebe Grüße,

Lisa